Ertragsökologie und Landschaftsbewertung

Ertragsoptimierung

Standortgerecht - Umweltschonend - Nachhaltig Optimierung des Betriebsmitteleinsatzes

Teilprojekt Brandenburg 2, Autor: Dr. sc. agr. Dietrich Schulzke Ergebnisse aus einem EU-Forschungsprojekt (AIR 3 CT 94-1296)
Diese Webseite ist ein privates Projekt von Dr. sc agr. Dietrich Schulzke.

Regionale Landwirtschaft statt globalisierten Lebensmittelhandels

Dr. sc. agr. Dietrich Schulzke , Eberswalde (2011)

Die aktuelle Diskussion zur „Energiewende“ und dem Ausstieg aus der Atomenergie, gibt Anlass über Sparpotenziale auch in der Landwirtschaft nachzudenken.
Es gibt Lösungsansätze wie in der Landwirtschaft Energie gespart werden kann. Dazu gehört auch der pflegliche Umgang mit dem Boden und den Kulturpflanzen in dem die Anbauverfahren und das Intensivierungsniveau durch die Berücksichtigung und Verknüpfung mit den regionalen Witterungsabläufen stärker Beachtung findet.
In Westeuropa sind die ökologischen Rahmenbedingungen für die Biomassebildung sehr unterschiedlich. Diese messbaren Unterschiede werden in den Anbauverfahren und dem Intensivierungsniveau nur ungenügend berücksichtigt.
Es gibt dazu schon einige Veröffentlichungen. Leider sind komplexe Lösungsansatze z.Z. nicht sehr gefragt.
Vor diesem Hintergrund möchte ich folgenden Beitrag zur Diskussion stellen.
Durch zwei aktuelle Bücher habe ich mich ermutigt gefühlt, vorliegende Ergebnisse noch mal zu aktualisieren. Die beiden Bücher sind: BERLINGER, W. (2009) und PRINZ of WALES (2010).      
In den beiden Veröffentlichungen werden in eindringlicher Weise die Ursachen und die Folgen, der von der Menschheit ausgelösten Fehlentwicklungen bei der Nutzung der vielfältigen natürlichen Ressourcen beim Namen genannt. Fatal daran ist, dass die einzelnen Fakten seit längerer Zeit bekannt sind und auch breit diskutiert werden. Durch die Politik und Wirtschaft werden die vorhandenen positiven Ansätze nur halbherzig aufgenommen und noch weniger umgesetzt.
Die seit einiger Zeit geführte Diskussion zur Energiepolitik ist symptomatisch. Dabei wird häufig darauf verwiesen, dass Insellösungen z.B. in Deutschland unwirksam sind, weil die umgebenden Staaten nicht auf dem gleichen Diskussionsstand sind.

Hier ist ein Umdenken in den Entwicklungsstrategien zur ökologischen Rückbesinnung notwendig. So wie sich die Industrialisierung von einzelnen Standorten aus entwickelt und ausgebreitet hat, so muss sich auch das ökologische Bewusstsein in den einzelnen Fertigungsbereichen, in kleinen Schritten entwickeln und ausbreiten. Eine globale zeitkonforme Lösung wird es nicht geben, sowie es auch keine Weltregierung geben wird.
Der Bereich der Nahrungsmittelproduktion, vom Landwirt bis zur Verarbeitungsindustrie und dem Handel ist in diesem Zusammenhang besonders gefordert. Gefordert deshalb weil, besonders in den Industrieländern auch die Landwirtschaft in das uneingeschränkte Profitstreben eingebunden ist. Daraus ergeben sich für die natürliche Umwelt große Gefahren.
Um nur einige zu nennen:

Es kommt also darauf an die Landnutzung den ökologischen Rahmenbedingungen der Landschaft anzupassen. Und darüber hinaus die Nahrungsmittelproduktion auf die Verbraucherzentren auszurichten. Diese Neuorientierung der Landnutzung gleicht mit ihrer Problematik dem Atomausstieg und der Energiewende. Es bedarf eines konsequenten politischen Handelns um diese Neuorganisation durch zu setzen.

Ein alter Gedanke! Johann Heinrich von THÜNEN (1783-1850) propagierte die „Thünschen Kreise“. Dort stehen die Verbrauchermärkte im Zentrum der Überlegung. Im Umfeld der Verbraucherzentren werden die Produkte nach ihrer Haltbarkeit, nach Marktnähe, Lagerfähigkeit und Transporteignung angebaut. Damit entsteht eine regionale Wirtschaft mit Arbeitsplätzen in der Produktion, dem Transport und dem Handel.
Nun sind Heute die Verbraucherzentren sehr viel größer als vor 150 Jahren und die häufig überzogenen Ansprüche der Verbraucher, lassen sich nicht immer aus dem regionalen Umfeld befriedigen. Das hat dazu geführt, dass die regionale Bindung zu den wichtigsten Lebensmitteln und ihrer Produktion so gut wie aufgehoben und verloren gegangen ist. Hier sind im Sinne der Rückbesinnung wirkliche Reformen anzumahnen. Die Fördermittel der EU, die in die Landwirtschaft fließen, können wirklich nachhaltiger eingesetzt werden.
J.H.v.Thünen war damals auch schon mit der Nichtbeachtung der vernünftigen Vorschläge unzufrieden und äußerte sich, Zitat (Tellow 1829):

„Leicht kann die Natur sich jetzt an dem Leichtsinn der Menschen und der Regierungen für die Nichtachtung aller früheren Erfahrungen auf eine furchtbare Weise rächen“

Eine Entscheidungshilfe, um gegenwärtige und künftige Gefährdungen bei der Landnutzung zu verhindern oder wenigstens einzuschränken, ist in einem EU-Forschungsbericht (AIR3 CT94-1296, Regional guidelines to support sustainable Landuse bey E.U. Agri-Environmental Programmes – AEP. Teilprojekt Brandenburg 2, eine „Agrarökologische Gebietsgliederung“, SCHULZKE, D. u.a. 1998) vorgelegt.

Die in diesem Forschungsbericht vorgelegte Gebietsgliederung ist auf die ökologischen Komponenten der Biomassebildung orientiert. Das sind Landschafts-, Boden- und Witterungsmerkmale die in einem hierarchischen System miteinander verbunden sind
(Abb. 1, Abb. 2, Abb. 3 und Abb. 4).
Neu ist die Verbindung von Landschaftsausstattung mit Witterungsabläufen in der Vegetationszeit beim Wintergetreide (Abb. 4)
Die abgegrenzten Gebietseinheiten sind im statistischen Sinn „ökologisch definierte Grundgesamtheiten“. Sie unterscheiden sich mit definierten Merkmalen, sowohl in den vertikalen Anordnungen als auch innerhalb einer horizontalen Gebietsebene.

Besonders auf der Ebene der Boden-Klima-Regionen (BKR) und den darin ausgegrenzten Landschaftstypen wird gewirtschaftet, entwickelt, geschützt und zerstört.
Die Ausstattung der Landschaftstypen gibt die Vorgaben für ökologisches, heißt nachhaltiges Wirtschaften.
Was ist in diesem Zusammenhang „ökologisch“? Folgende Definition liegt diesen Ausführungen zugrunde:

Landwirtschaft ist ökologisch,

Am schwierigsten ist die Ermittlung der Basis für die Energiebilanz. Das gelingt mit Hilfe eines Ertragsbildungsmodells für die drei Wintergetreidearten (SCHULZKE, D. 1988 b) Abb. 4.
Mit dem Modell wird der „Ökologische Basisertrag“ jahres- und standortspezifisch ermittelt. Er repräsentiert ein Intensivierungsniveau um 1965 (80kgN/ha, 20kgP/ha, 50kgK/ha, sowie Herbizideinsatz, aber noch keine Fungizide) und ist das Ergebnis der komplexen Wirkung von Standort, Anbauverfahren und Witterung.
Zu LIEBIGS Zeiten waren die Nährstoffe die Minimumfaktoren, die das Wachstum begrenzten. Inzwischen werden sowohl höhere Düngergaben eingesetzt als auch intensiver mit dem Pflanzenschutz umgegangen. Mit der im 19.Jh.einsetzenden Intensivierung konnte zunächst der regionale ökologische Rahmen ausgefüllt werden und die Erträge wurden ohne negative Wirkung auf die natürliche Ausstattung der Landschaft gesteigert. . Die Grenzen, die der ökologische Rahmen hergibt, sind heute erreicht und ausgefüllt. Eine weitere Ertragssteigerung ist ohne schädliche Nebenwirkungen auf traditionellem Wege nicht mehr möglich. Was darüber hinaus an Intensivierung eingesetzt wird, bleibt unwirksam, wird vergeudet und schadet der Umwelt, und damit unseren Lebensgrundlagen.. Die aktuelle Intensivierung wird im Modell mit einem ermittelten Intensivierungsfaktor (Vi) für Düngung und Pflanzenschutz dem Basisertrag schlagspezifisch zugeordnet. Das hat den Vorteil, dass Basisertrag und Intensivierung getrennt bewertet werden können.
Das Ertragsbildungsmodell ist ein Schlüsselfaktor. Die Modellrechnung erfolgt am Ende der Bestockungsphase. Regional unterschiedlich zwischen der letzten Aprildekade und der ersten Maidekade. In dieser Zeit sind die entscheidenden Ertragskomponenten beim Getreide (Halme/m² und Kornzahl/Ähre) voll ausgebildet und damit das Ertragspotential festgelegt. Das Tausendkorngewicht hat nur einen geringeren Anteil am Ertrag und ist wesentlich von der Wasserversorgung abhängig. In der Zeit vom Schossen bis zur Milchreife des Getreides reduziert die Pflanze das angelegte Potential unterschiedlich je nach den Wachstumsbedingungen. Das Modell ermöglicht also eine Ertragsprognose zu einem frühen Zeitpunkt, an dem das Intensivierungsniveau noch variabel ist und dem Ertragspotential angepasst werden kann.

Nun ist es allgemeine Praxis, dass die Intensivierung auf schon mal erreichte Höchsterträge ausgerichtet wird. Langjährige Ertragsanalysen, (auf der Basis der Sortenprüfung der ehemaligen Zentralstelle für Sortenwesen in Nossen, heute Bundessortenamt), auf 40 Versuchsstandorten von der Insel Rügen bis zum Thüringer Wald, haben aber ergeben, dass im Durchschnitt nur alle 7-10 Jahre die Witterungskonstellation standortspezifische Höchsterträge ermöglichen (Abb. 5) . Mit Hilfe des Modells konnten auf der Grundlage von Witterungsdaten der letzten 30 Jahre aus den westeuropäischen Ländern, die am Forschungsprojekt teilgenommen haben, die Witterungsschwankungen und die Weizenerträge in Zusammenhang gebracht werden. Auch hier bestätigte sich die Abhängigkeit der Erträge im gleichen Zeitrhythmus wie in Deutschland. Die Intensivierungseffekte sind witterungsbedingt, in Europa und in Deutschland in den einzelnen Boden-Klima-Regionen (BKR) unterschiedlich. Für das Jahr 1994 sind die ökologischen Basiserträge und die Intensivierungseffekte beispielhaft gegenüber gestellt. (Abb. 6)
Wenn nun das Modell in den einzelnen BKR oder auch für die einzelnen Landschaftstypen gerechnet wird, können regionale Optimierungen der Intensivierung abgeleitet werden. Man braucht nicht für 80dt/ha Düngung und Pflanzenschutz einzusetzen, wenn auf dem Schlag nur jahresspezifisch 50dt/ha wachsen können. Damit kann man sowohl ökonomische Vorteile erreichen und ökologische Schäden vermeiden. Das gilt natürlich auch für jeden Schlag.

Diese Modellrechnung ist für den einzelnen Betrieb erfahrungsgemäß nur schwer zu realisieren. Das müssen regionale Beratungsdienste übernehmen. Je nach Qualifizierung der Beratungsdienste können sowohl regionale, nach standardisierten Anbauverfahren, oder schlagspezifische Prognosen gerechnet werden. Die heute häufig eingesetzten Analyseverfahren zur Pflanzenernährung von der Düngemaschine aus, ermitteln den augenblicklichen Ernährungszustand der Pflanzen, nicht aber das schlagspezifische Ertragspotential. Kombiniert man beides, ergibt das eine sehr wirksame ökonomische und ökologische Verfahrensoptimierung.
Das Ziel solcher Optimierungen besteht in der Anpassung der Landnutzung an die ökologische Ausstattung der Landschaft und ihrer Ertragspotentiale. Es müssen nicht „10 000- Liter- Kühe“ im Stall stehen die man mit Soja aus Brasilien füttern muss, um nur ein Beispiel zu nennen. Auch muss der Export von subventionierten und mit hohem Energieeinsatz produzierten Lebensmitteln aus den Industrieländern in sogenannte Entwicklungsländer beendet werden. Damit wird die Landwirtschaft dort ruiniert und eine notwendige Entwicklung verhindert.
Auf der Grundlage solcher landschaftsspezifischer Verfahrensoptimierungen kann regionale Landwirtschaft wieder aktiviert und attraktiv werden. Kleinere Verarbeitungszentren sparen Transportenergie und schaffen für den Verbraucher eine Identifikation zur Landschaft und zur Landwirtschaft. Der großflächige Anbau von verschiedenen „Energiepflanzen“ zerstört das Landschaftsbild und die Landschaftsästhetik für den Betrachter und die Erholungssuchenden. Darüber hinaus wird die Bodenfruchtbarkeit negativ beeinflusst.
Außerdem werden hier und im Ausland erhebliche Flächen der Lebensmittelproduktion entzogen wodurch ein doppelter Schaden am Boden und der ökologischen Stabilität entsteht.

Es bleibt zu hoffen, dass die aktuelle Diskussion zur Energiepolitik die Verbraucher soweit sensibilisiert, dass das einsetzende ökologische Bewusstsein sich weiter entwickelt, und die Energiewende nicht nur im engeren Sinn, sondern darüber hinaus auch die Landwirtschaft erreicht. Wenn die Verbraucher in ihrem Kaufverhalten die entsprechenden Signale setzen wird auch die Nahrungsmittelproduktion sich auf die Verbraucher einstellen. Nur so kann eine Wende zu mehr ökologischer Stabilität der Landschaft, zur Reduzierung des Energie- und Transportaufwands und zum Rückgang der Emission von Treibhausgasen aus der Landwirtschaft erreicht werden.

Literatur: