Entscheidungshilfen für eine ökologisch begründete Flächenauswahl zu ästhetischen Entwicklungszielen bei der Landschaftsgestaltung
Designing Landscapes -- Aesthetic Development Objectives How to Use Ecological Criteria when Selecting Areas
Dietrich Schulzke
Behlertstr. 29
14469 Potsdam
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E-Mail: Kontakt@dietrich-schulzke.de
Herrn Prof. Dr. habil Jerzy Wisniewski in Dankbarkeit gewidmet
Zusammenfassung
Vom 16. bis 18.6.2010 fand ein Internationales Symposium über das Wirken von Heinrich v. SALISCH zur Forstästhetik in Goluchow (Polen) statt. Daraus erwuchsen viele Anregungen für die Übernahme einer Methodik zur Bewertung von Landschaften. Auf der Grundlage eines EU-Forschungsprojektes (AIR3 CT94-1296, 1998) wurden bereits Entwicklungsziele für Nutzungs- und Schutzstrategien bei der Landnutzung definiert und bearbeitet. Diese Methodik ist darüber hinaus auch für landschaftsästhetische Fragestellungen nutzbar. Im folgenden Beitrag wird die Methode und das Ergebnis am Beispiel des Landes Brandenburg vorgestellt.
Ausgehend von einem kurzen historischen Überblick zur Entwicklung der Forstästhetik wird aufgezeigt was von den Überlegungen bedeutender Forstleute vom Ende des 19. Jh. und Anfang des 20. Jh. heute wieder aktuell ist. Es ist den Herren Prof. WISNIEWSKI und Prof. GWIAZDOWICZ zu danken, die das Wirken von Heinrich v. Salisch zur Waldästhetik in die aktuelle Diskussion gebracht haben (WISNIEWSKI 2007 und 2010).
Dieser Beitrag nimmt die Gedanken aus der Waldwirtschaft auf und versucht für die Offenlandschaft objektive Merkmale zur Landschaftsästhetik abzuleiten. Dafür wurden neue wissenschaftliche Erkenntnisse genutzt. Besonders hilfreich ist die herausgearbeitete Hierarchie einer Landschaftsgliederung. Neben der Oberflächenmorphologie und der geologischen Ausstattung werden auch das Klima und die Jahreswitterung einbezogen. Dabei werden erstmalig auch ökologische Faktoren in Form einer landschaftstypischen Biomassebildung bei der Landschaftsbewertung und -gliederung berücksichtigt (SCHULZKE 1988a, b, 2000).
Summary
From 16 to 18 June 2010 an international symposium about Heinrich von SALISCH and his work on forest aesthetics was held in Goluchow, Poland. As a result of this stimulating conference a methodological approach for the evaluation of landscapes has been drafted. Based on the findings of a European research project (AIR3 CT94-1296, 1998) development objectives of utilization and protection strategies concerning the use of landscapes have already been defined and adapted. In addition, this method <A[methodics|methodology]> can be applied to questions concerning landscape aesthetics. By looking at the State of Brandenburg the following paper introduces the method and the result.
After a short historical summary of the development of forest aesthetics the paper considers which theories introduced by important foresters dating from the end of the 19th century and the beginning of the 20th century are still valid today. It is thanks to Prof. WISNIEWSKI and Dr. habil. GWIAZDOWICZ that the work of Heinrich von SALISCH on forest aesthetics is currently being discussed again (WISNIEWSKI 2007 and 2010).
Using forest management ideas, this paper tries to set up objective criteria with regard to the landscape aesthetics of open landscapes. New scientific findings were used. The identified hierarchy of a landscape structure has been particularly helpful. In addition to surface morphology data and geological findings also climate and weather conditions <A[scent|weather]> have been considered. Together, these considerations <A[basics|bases]> form the basic components of a yield model. For the first time, also ecological factors have been contemplated for the evaluation and structure of landscapes, for instance biomass formation typical for a particular landscape (SCHULZKE 1988a, b, 2000).
Problemanalyse
Eine kritische Analyse gegenwärtiger und vergangener Nutzungsstrategien in der Land- und Forstwirtschaft macht deutlich, dass eine einseitige Ausrichtung auf Nutzungsschwerpunkte den Wald, die Offenlandschaft, oder auch nur Teile davon, irreversibel geschädigt haben. Die Schäden beziehen sich u.a. auf den Boden mit Wind- und Wassererosion, das Grundwasser wie auch auf die Lebensräume einer Offenlandschaft bzw. des Waldes. Diese Schäden kann man zwar mit wissenschaftlichen Methoden analysieren und dann möglicherweise auch reparieren, aber solche Reparaturen sind in der Regel sehr teuer und meistens unzureichend. Unzureichend deshalb, weil meistens zu kleinflächig und nicht genügend auf die Harmonie und Ästhetik bei Ausgleichsmaßnahmen an einem Landschaftsausschnitt oder bei forstlichen Maßnahmen geachtet wird.
Neben dem rationalen Vorgehen muss auch auf eine irrationale Komponente geachtet werden. Diese beinhaltet den Sinn für Schönheit und Harmonie in der Natur. Nun sind die Vorstellungen von Schönheit und Harmonie aber sehr abhängig vom Zeitgeschmack und damit auch von der Mode.
Im 19. und 20. Jh. haben sich für die Wald- und Offenlandschaften drei Richtungen etabliert.
Sie werden als Waldfunktionen bzw. als Funktionen eines Landschaftsausschnitts bezeichnet.
- Zum einen die Naturlandschaften in engbegrenzten, noch relativ ungestörten Nationalparks und Landschaftsschutzgebieten. Hier werden hauptsächlich Naturschutzziele angestrebt.
- Andererseits Kunstlandschaften in Form von „Englischen Landschaftsparks“ und gestalteten Gärten.
- Drittens befinden sich neben diesen beiden Besonderheiten, die weitaus größeren Teile der Wald- und Offenlandschaften, die die Kulturlandschaft ausmachen.
Diese Kulturlandschaften wurden und werden hauptsächlich unter Nutzungsaspekten gesehen. Sie sind aber auch Erholungsraum besonders für die städtische Bevölkerung. In diesem Zusammenhang kommen zwei konkurrierende Aspekte zur Geltung, der Nutzungsanspruch und die Gestaltung der Landschaft.
Der Zeitgeschmack der großen Gruppe der Naturfreunde hat dabei einen großen Einfluss auf die Zielstellungen der Landschaftsentwicklung und -ausstattung. Die Erholungssuchenden möchten sich an einem „schönen Wald“ oder an einer „schönen Offenlandschaft“ erfreuen. Sie erwarten, dass die Eigentümer neben der Nutzung auch auf die Schönheit in ihren Verantwortungsbereichen achten. Erst damit steigt die Attraktivität einer Wald- Feld- oder Wiesenlandschaft. Dem Tourismus wird dadurch ein neues Feld erschlossen, von dem Hotels, Gasstätten, Fahrgastbetriebe u.a.m. wirtschaftlich profitieren. Schönheit kann also durchaus ein Wirtschaftsfaktor sein der die Nutzungspotentiale/-funktionen einer Landschaft erhöht.
Was wird nun als schön empfunden? Das ist eine sehr individuelle Auslegung. Allgemein gültige Definitionen gibt es nicht. Man kann nur allgemeine Aussagen ableiten. Dazu gehört vor allem die Vielfältigkeit. Im Wald werden abwechslungsreiche Wälder unterschiedlichen Alters- und Baumarten- Zusammensetzung bevorzugt. In der Offenlandschaft werden vielfältige Strukturen aus Baumgruppen und Hecken, Wege- und Grabenbepflanzungen mit Sichtachsen im allgemeine als „Schön“ empfunden.
Diese Zusammenhänge sind schon im 19. Jh. von namhaften Persönlichkeiten der Wald- und Jagdwirtschaft erkannt worden. Beginnend mit Freiherr W. v. BORCH und später W. PFEIL und K.Chr. F. KRAUSE haben darauf verwiesen, dass neben der Ökonomie auch die Forstästhetik in den Verantwortungsbereich der Forstleute und der Waldbesitzer gehört. Schon ab 1827 hat der Arzt und Botaniker H. R. GOEPPERT wesentliche Grundlagen vorbereitet die dann von CONVENTZ besonders im Naturschutz systematisch weiterentwickelt wurden. H. v. SALISCH, hat auch über den Naturschutz in einem sehr umfassenderen Sinn, die Forstästhetik propagiert (H. v. SALISCH, 1885, 1904, 1911) und H.CONVENTZ, ab 1882; A.MILNIK, 1997,2004 und H. v. SALISCH, 2009 (Nachdruck) sowie bei W. STÖLB, 2005).
Diese hoffnungsvollen Ansätze standen häufig im Widerspruch zu den rein nutzungsorientierten Auffassungen der Forst- und Landwirte besonders 19. und 20.Jh. Sie haben diese Ideen abgelehnt und bekämpft. Das reine Nutzungsdenken hat sich aber bald als sehr risikobelastet herausgestellt. Sowohl in der Forst- und auch in der Landwirtschaft sind schwerwiegende schädliche Entwicklungen eingetreten, die in der Folge zu hohen ökonomischen Verlusten geführt haben, z.B. Insektenkalamitäten, Waldbrände, Erosionsschäden, Austrocknung und Mineralisierung von Mooren, Humusverluste und Grundwasserabsenkungen auf Ackerstandorten.
Obwohl es eine breite Interessenübereinkunft z.B. in den Protokollen des Deutschen Forstvereins gegeben hat und in einer Vielzahl von Veröffentlichungen, sowohl auf die Gefahren, als auch auf das Fehlen von ästhetischen Gesichtspunkten bei der Landnutzung hingewiesen wurde, sind nur in Einzelfällen ästhetische Gesichtspunke in die Praxis umgesetzt worden. Auch die Einrichtung eines Lehrstuhles für Forstästhetik ließ sich nicht durchsetzen.
Der I. Weltkrieg hat dann diese humanistischen Bestrebungen endgültig beiseite geschoben. Die Reparationsleistungen nach dem verlorenen Krieg taten ein Übriges, so dass die Holzproduktion in den folgenden Jahrzehnten die Oberhand bekam und ästhetische Gesichtspunkte unbeachtet blieben. Auch in der Landwirtschaft musste die Lebensmittelproduktion mit allen Mitteln gesteigert werden. Diese Entwicklung setzte sich in Deutschland nach dem II. Weltkrieg mit wenigen Ausnahmen ungehindert fort. Die Ausnahmen beziehen sich auf den Flurholzanbau in den großen Ackerlandschaften z.B. in der ehemaligen DDR. Der Flurholzanbau hatte zwei Ziele zu erfüllen: In der Offenlandschaft sollte an geeigneten Standorten zusätzlich Holz mit schnell wachsenden Baumarten produziert werden und gleichzeitig Wind- und Wassererosionsschäden in den Ackerlandschaften verhindern und verringern. Wie die heute noch vorhandenen Beispielsanlagen in Ostdeutschland eindrucksvoll belegen. Mit diesen Maßnahmen sind auch landschaftsästhetische Aspekte erreicht worden. Es kamen Strukturen in die Landschaft die durch Linien (Grabenbepflanzungen) oder breite, in sich strukturierte Windschutzstreifen (mit verschiedenen Baum- und Straucharten) die „Kultursteppen“ gliederten. Leider ist das erfolgreiche und wissenschaftlich begleitete, Flurholzprogramm vermutlich aus finanziellen Gründen nach mehreren Jahrzehnten abgebrochen worden (JOACHIM 1988, 1989, 1998). Das Flurholzprogramm war ein beachtlicher Beitrag für die Landeskultur. In der Offenlandschaft hat der „Ökologische Landbau“ in seinen verschiedensten Formen neue Möglichkeiten eröffnet und ästhetische Gesichtspunkte berücksichtigt.
Die dann wieder einsetzende, nur ökonomisch ausgerichtete Vorgehensweise bei der Landnutzung hat zu Landschaftsbildern geführt, die heute von den Menschen zunehmend als störend empfunden werden. Die sich daraus entwickelnde kritische Betrachtung der Natur führte in der zweiten Hälfte des 20. Jh. auch zu einer kritischen Gesellschaftsanalyse (besonders in Westdeutschland) mit politischen Zielstellungen. Bei der Suche für die Ursachen der Störung kamen zunehmend ökologische Kriterien zur Bewertung von Landschaften in die Diskussion.
Die ersten Ansätze zu einer umfassenderen Betrachtung der Naturausstattung gehen in Deutschland wegweisend auf Conventz und von Salisch zurück. Beide sind Zeitgenossen und stammen aus den östlichen Provinzen des damaligen Preußen. Conventz als erster Naturschutzbeauftragter in Preußen (von Danzig/Gdansk aus) und von Salisch als Grundbesitzer (819 ha Wald u. 164 ha Acker, 1937) in Milicz/Militsch (nordöstlich von Wrozlaw/Breslau). Das scheint kein Zufall zu sein. Die Offenlandschaften und die Wälder waren im Osten weniger zersiedelt und wurden großflächig bewirtschaftet. Ähnlich war die Situation auch in den Mittelgebirgen mit großen Waldlandschaften. Unter solchen Bedingungen sind diese Gedanken gereift. Dieser Hintergrund hat dazu geführt, dass sich Relikte aus einer früheren Siedlungs- und Nutzungsstrategie erhalten haben. Daraus hat sich am Ende des 19. Jh. und zu Anfang des 20. Jh. die Idee entwickelt, zunächst auffallende Einzelobjekte oder auch kleinere Landschaftsteile zu schützen.
Eine erste Aktivität richtete sich auf die Erfassung von besonders großen und alten Bäumen (Conventz). Es entstand eine Liste mit Naturdenkmalen die sich zunächst vor allem auf Objekte im Wald richteten. So ist auch eines der ersten Naturschutzgebiete, das Plagefenn 1906 in der Oberförsterei Chorin in Brandenburg unter Schutz gestellt worden.
Es hatte sich in dieser Zeit schon eine breite Bewegung von Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Wirtschaft zusammen gefunden, die den Naturschutzgedanken vertraten. Parallel zum Schutz von Einzelobjekten im Wald und in der Offenlandschaft hat immer auch die Schönheit eines Baumes oder eines Landschaftsteiles den Schutzgedanken begleitet v. SALISCH gehörte mit zu den begeisterten Anhängern dieser Entwicklung und hat in mehreren Veröffentlichungen die Forstästhetik propagiert und in seinen Besitzungen auch in die Praxis umgesetzt.
In Brandenburg hat August Bier ab 1912 in Sauen den Versuch unternommen, einen völlig devastierten und kranken Wald durch vielfältige Aktivitäten in einen langfristig gesunden und schönen Wald umzuwandeln.
Von Anfang an gab es verschiedene Auffassungen über die Auswahl von Merkmalen für einen Schutzstatus und über die Frage was ist an einer Landschaft „schön“? Zu den Merkmalen der Bewertung einer Landschaft gehören zwingend die ökologischen Rahmenbedingungen und die natürliche oder auch gestörte Ausstattung einer Landschaft.
Der immer wieder aufbrechende, aber nicht zwangweise notwendige Konflikt zwischen Nutzung und den ökologischen Zielen, die auch der Schönheit einer Landschaft verpflichtet sind, führen häufig zu kontroversen und teilweise unsachlichen Auseinandersetzungen.
Schon in den 20er Jahren hat es Ansätze gegeben, die Ästhetik in Wald und Flur sichtbar und erlebbar zu machen. Besonders in der technisierten Welt ist eine Entfremdung von der Natur und ihrer Schönheit weit verbreitet. Damit besteht die Gefahr, dass viele Menschen gar nicht mehr die Schönheit der Natur empfinden und erkennen. So führt Unachtsamkeit oft zur Zerstörung der natürlichen Umwelt. Es wird nicht erkannt, dass damit auch die eigenen Lebensgrundlagen zerstört werden.
Ursache dafür sind Defizite in der emotionalen Entwicklung und dem Mangel an Gefühlen in der modernen technisierten Umwelt für die Natur. Das ist vor allem eine erzieherische Aufgabe die schon im Kindesalter beginnen muss.
Im letzten Jahrzehnt sind z.B. in Brandenburg in den 15 ausgewiesenen Großschutzgebieten sehr informative und didaktisch gut aufgebaute Informationszentren eingerichtet worden. Der Betrachter bekommt umfassende Einblicke für die Zusammenhänge der natürlichen Umwelt. Im Informationszentrum des Nationalparks in Criewen ist der pädagogische Ansatz beispielhaft umgesetzt worden.
Ein besonders positives Beispiel für organisierte Umweltbildung in der Regie der Forstleute ist in Goluchow (etwa 70 km südlich von Poznan/Posen) entstanden. Dort sind in einer ehemaligen landwirtschaftlichen Gutsanlage sowohl Übernachtungsmöglichkeiten für Schulklassen mit bestens ausgerüsteten Arbeitsräumen (Mikroskope), verbunden mit einem Forstmuseum und einer Gemäldesammlung über Wald, Jagd und Landschaft geschaffen worden. Das alles liegt in einem großen sehr gepflegten Landschaftspark. An solchen Beispielen ist der Bildungsansatz, die Verbindung zwischen Natur, Nutzung und Ästhetik erlebbar zu machen, hervorragend gelungen. Zukünftig geht es nicht nur um Arten-Ökologie sondern um Landschafts-Ökologie. Nur in gesunden Landschaften können sich Schönheit und Nutzung harmonisch verbinden und zunehmende Ansprüche für Mensch und Tier verschiedenster Art befriedigen.
Stölb (2005) hat in seinem Buch „Waldästhetik“ eine umfassende Begründung für die Notwendigkeit gegeben, die Schönheit in Wald und Flur zu erkennen und sie zu lehren. Beginnend im Kindergarten, Schule und Studium muss immer wieder ein Gefühl für die Schönheit der Natur geweckt und entwickelt werden. Auch die Praktiken wie man in den einzelnen Nutzungsformen ästhetische Gesichtspunkte einbringen kann, sind ausführlich und umfassend in diesem Buch beschrieben.
Aber es gibt Hoffnung!
In der Gegenwart wird die Ästhetik in Wald und Flur wieder mehr beachtet und die Natur als ganzes gesehen. Der Erholungswert einer Offenlandschaft oder eines Waldes für den Menschen wird nach der Gesundheit und Vitalität des Lebensraumes bemessen. Neben diesem vordergründigen Aspekt hat der gesunde Lebensraum eine große Bedeutung für die ökologische Stabilität unserer Umwelt und die nachhaltige Landnutzung.
Beides ist ein Ausdruck der Energiebilanzen (Input = Output), die sich im Gleichgewicht befinden sollten. Das Output ist regional sehr differenziert durch die Biomasseleistung je Hektar und Vegetationsperiode definiert. Die Biomasseleistung ist an die ökologischen Rahmenbedingungen gebunden und damit an die Witterung und die Bodenqualität einer Boden-Klima-Region. Wenn die Nutzung sich an die ökologischen Rahmenbedingungen hält, werden Schäden an der Umwelt vermieden. Mit Hilfe eines Ertragsbildungsmodells (SCHULZKE, 1988b) kann die Regionale Biomassenleistung ermittelt werden. Die Intensivierungsmaßnahmen sollten darauf abgestimmt sein. Es macht keinen Sinn und ist für die Landschaftsökologie äußerst schädlich, wenn z.B. der Landwirt für 10 Tonnen Getreide/ha düngt und investiert (Input), die jährlichen ökologischen Rahmenbedingungen aber nur 6 Tonnen/ha wachsen lassen (Output). Die Störung dieses Gleichgewichtes geschieht in erster Linie durch Energiezufuhr durch den Menschen z.B. durch unsachgemäße Düngung oder Pflanzenschutz. Aber auch Übernutzungen führen zu teilweise irreversiblen Schäden an der Landschaft. Beispiele sind die Versteppung oder Verkarstung in den Mittelmeerregionen. In Deutschland kann der großflächige Anbau von Mais z.B. die Artenvielfalt empfindlich stören. Der sich abzeichnende Klimawandel bekommt dabei ein besonderes Gewicht.
Bei der Nutzung der natürlichen Ressourcen werden die Zerstörung von Lebensräumen für Pflanzen und Tiere immer noch unkritisch in Kauf genommen. Die natürlichen Ressourcen sind in diesem Fall der Boden, das Grundwasser, die Ausstattung mit Pflanzen und Tieren und in einem umfassenderen Sinn auch des Landschaftsbildes mit seiner Wald- Feldverteilung, den Seen und Flüssen.
Nachfolgend wird eine Methode zur Bewertung von Landschaften vorgestellt, mit deren Hilfe die Vielfalt der Landschaftsausstattung nach objektiven Merkmalen erfasst werden kann.
Methodik und Lösungsweg für die Bewertung von Landschaften.
Zunächst muss die Landschaft selbst analysiert werden, um die gestaltenden Rahmenbedingungen zu erfassen. Neben der Auswertung umfangreicher Datenbanken von Böden, Klima und Witterung ist eine genaue Erfassung der Biomassebildung notwendig. Auch hier gibt es langjährige Erfahrungen aus der Land- und Forstwirtschaft. Besonders in der Forstwirtschaft liegen Ertragstafeln für die einzelnen Baumarten vor, die nach Alter und Wuchsleistung gegliedert sind. In den letzten Jahrzehnten wurde auch die Standortqualität berücksichtigt. Für die Landwirtschaft fehlte eine systematische Beschreibung der potenziellen Biomasseleistung. Dabei ist es wichtig die konkreten Wachstumsbedingungen eines definierten landwirtschaftlichen Standortes zu erfassen. Das heißt, das natürliche Potential zu beschreiben, die Produktionsbedingungen (Intensivierungsgrad) festzustellen und Schäden an Böden und Gewässern zu erfassen.
Für die Landwirtschaft lagen noch keine Ertragstafeln vor. Dafür lassen sich aber über 40 Jahre, von allen großflächigen Standorten in Ostdeutschland, im Rahmen der Sortenprüfung, nach standardisierten Versuchsplänen von allen Hauptkulturen genaue Ertragsdaten auswerten (Zentralstelle für Sortenwesen in Nossen, heute Bundessortenamt). In Verbindung mit dem regionalen Witterungsverlauf konnte auf dieser Grundlage ein Wachstumsmodell für die Ertragsbildung der drei Wintergetreidearten abgeleitet werden (SCHULZKE,D 1988a, b).
Nun kann man fragen, was die Biomasseleistung einer Landschaft mit der Schönheit einer Landschaft zu tun hat? Beides steht aber in einem engen Zusammenhang. Schönheit und Gesundheit sind zwei Seiten einer Medaille. Daraus wird abgeleitet, dass leistungsstarke Landschaften durchaus schön sein können, wenn die ökologischen Rahmenbedingungen erkannt und bei der Nutzung berücksichtigt werden.
Der methodische Einstieg in die ökologische Landschaftsanalyse geschieht durch das Herstellen von Zusammenhängen zwischen Kulturart und ihrem Ertrag zum Standort und zur Jahreswitterung in einem definierten Landschaftstei. Es konnten dann auch für die Landwirtschaft standortsbezogene Ertragstafeln für die drei Wintergetreidearten (Winterroggen, Winterweizen, Wintergerste) vorgelegt werden (SCHULZKE, 1988b; www.oekologische-ertragsoptimierung.de ) oder unter www.ebos.de .
Es gab, gemessen an dem traditionellen Vorgehen der Landschaftsgliederungen, überraschende neue Einsichten. Hervorzuheben ist die Erkenntnis von hierarchischen Zusammenhängen zwischen den Elementen der Landschaft (Abb. 1). Das führte zu neuen Bewertungen der Landschaftsmerkmale.
Den einzelnen Ebenen der Hierarchie können nur Fragen bzw. Konfliktlösungen zugeordnet werden, die an die „Inneren Merkmale“ der jeweiligen Hierarchieebene geknüpft sind (Tab. 1 a-d). Das bedeutet, dass z.B. eine Konfliktlösung in einem Landschaftstyp nur ökologisch Ziel führend sein kann, wenn man weiß in welcher Boden-Klima-Region und in welcher Agrar-Klima-Region (AKR) der entsprechende Landschaftstyp liegt. Das Ergebnis dieser ökologischen Landschaftsanalyse ist für große Teile Westeuropas in unterschiedlicher Tiefe bearbeitet worden und liegt in Karten und Tabellen vor. Für das Land Brandenburg sind alle Hierarchieebenen ausführlich beschrieben.
Es wäre zeit- und kostensparend wenn die Umweltpolitik und die Land- und Forstwirtschaft diese Ergebnisse in ihre Entscheidungen einfließen lassen würden.
Mein Anliegen besteht darin, ein Werkzeug anzubieten mit dessen Hilfe besonders die Offenlandschaft nach ökologischen Kriterien erfasst und bewertet werden kann. Relativ kleinflächige Landschaftsteile unterscheiden sich in ihrer Ausstattung und damit in ökologischen Qualitäten. Diese spezifischen Qualitäten sind die Grundlagen für eine ästhetische Gestaltung und Entwicklung (SCHULZKE, 1988a, 2000).
Nachfolgend wird die in einem anderen Zusammenhang entwickelte Methode für Zielstellungen der Landschaftsästhetik erläutert.
Daraus ergibt sich folgende Arbeitshypothese:
Jede Wald- oder Offenlandschaft ist gesund und schön, wenn sie im Rahmen der ökologischen Ausstattung eine angepasste Artenvielfalt und Artenstruktur beinhaltet und in einem energetischen Gleichgewicht steht. Das Gleichgewicht ist erreicht, wenn die zugeführte Energie (in Form von Düngung, Pflanzenschutz, Technik), in Abhängigkeit der oben definierten ökologischen Rahmenbedingungen, sich mindestens zu 80% im Ertrag widerspiegelt.
Folgt man diesem Gedanken, dann werden sich folgende Wirkungen einstellen:
- Die sich einstellende Harmonie in der Landschaft erhöht in allen Lebensbereichen die Lebensqualität der ansässigen Bevölkerung und der Besucher aus den Ballungsgebieten.
- Sie schützt auch vor Vandalismus. Naturschutzziele sind leichter zu erreichen.
- Es werden sich stabile ökologische Beziehungen einstellen die auch die Nutzungsansprüche ökonomisch stabilisieren.
- Ästhetik in den Wald- und Offenlandschaften erhöht die Attraktivität der Landschaft und wird über das Erlebnis „schöne Landschaft“ und „schöner Wald“ zu einem Wirtschaftsfaktor für die Tourismusbranche.
Wie können diese Ziele erreicht werden?
- Es muss vermieden werden, dass die stetig steigenden Investitionskosten für die Landwirte durch immer höhere Erträg mit hohem Energieeinsatz erwirtschaftet werden müssen.
- Schönheit zu empfinden ist ein Lernprozess! Von früher Kindheit an muss den Kindern die Schönheit der Natur gezeigt werden.
- Die Schönheit einer Landschaft, eines Waldes, eines alten Baumes und einer Blume auf Der Wiese oder am Feldrand mus bewusst gemacht werden. Nur so kann den späteren Erwachsenen die Achtung vor der Natur nahe gebracht werden. Die Natur ist ein Kunstwerk so wie z.B. die Malerei oder die Architektur.
- Zur Schönheit einer Landschaft gehört auch das kulturelle Erbe im Bewahren von historischen Gebäuden z.B. alten Kirchen, Gutshäusern und traditionellen Dorfanlagen. Sie müssen erhalten werden!
Methodische Schritte :
- Großräumige hierarchisch verbundene Gebietsgliederung nach der „top – down – Methode“ unter Einbeziehung aller relevanten Merkmale (Abb. 1).
- Zusammenfassung der inneren Beziehungen (Tab. 6 a-d).
- Auflistung der Landschaftstypen (Makrochoren) mit den Standortkomplexen (Mesochoren) und den Bodensubstraten (aus den Standortkarten) (Tab. 2).
- Beziehung zwischen Substrat und Relief. Aufbau einer Matrix (Tab. 3 a-c), Zuordnung der Mesochoren zu Landschaftstypen
- Beschreibung der Landschaftstypen nach naturräumlichen Einheiten Erste Wertung nach Ausstattung, Umweltqualitätszielen, Nutzungszielen (Tab. 4 a - c.
- Die Landschaftstypen werden mit Entwicklungszielen kombiniert. Die Entwicklungsziele sind die Grundlage für eine Sozio-ökonomische Landschaftsentwicklung (Tab. 3 c).
- Kompromissfindung in einer Abwägungsmatrix (Tab. 5) In dieser Matrix werden den Mesochoren verschiedene Anspruchskategorien zugeordnet. Aus der Matrix ergibt sich eine Bewertung aus drei Einzelbewertungen. Der ermittelte größte Wert bestimmt das Handeln in der Kulturlandschaft und die zu lösenden Konflikte Tab. 5.
- Zusammenfassende Beschreibung der Landschaftstypen (Tab. 6).
Schlussfolgerungen
Die Kulturlandschaft ist das Ergebnis der wirtschaftlichen Nutzung. Die Nutzung hat, bedingt durch die Produktionsmethoden, besonders im 19. Jh. eine feingliedrige Landschaft geschaffen die eine große Artenvielfalt ermöglichte und dem Betrachter heute als „schön“ erscheint. Dieses Landschaftsbild ist in der Gegenwart häufig der Maßstab für schwärmerische Entwicklungsziele, die sogar in politischen Gruppierungen und Naturschutzverbänden Eingang gefunden haben. Die radikalsten Vertreter kriminalisieren sogar die Nutzer und vergessen, dass die kritisierten Land- und Forstwirte, erst die Landschaften gestaltet und entwickelt haben die uns heute wertvoll erscheinen und geschützt werden.
Die mit Recht kritisierten Übernutzungen der Standorte durch überzogene Intensivierung können aber nur im Rahmen einer ökologischen Gebietsanalyse erkannt und nachhaltig gelöst und verhindert werden.
In der Hierarchie der Gebietsgliederungen (Abb. 1 und Tab. 6 a-d) ist der „Landschaftstyp“ die Einheit in der auf der Grundlage charakteristischer Ausstattungsmerkmale ästhetischer Ziele formuliert werden können. In ausgeräumten Landschaften sind hauptsächlich neue Strukturen zu schaffen.
Der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt. Die Maßnahmen müssen sich nur an der ökologischen Ausstattung des Landschaftstyps orientieren.
Die Errichtung von Strukturen muss in Absprache mit den Landnutzern und den örtlichen Naturschutzbehörden geschehen. Je nach den Ausstattungsmerkmalen der Landschaft sollten je 100 ha eine Mindestanzahl von Strukturelementen, bestehend aus Gehölzpflanzungen (Bäumen und Sträuchern), vordringlich an Wegen, feuchten Senken, erodierten Kuppen angelegt werden. So können längere Zeiträume für die Planung und Realisierung vorgesehen werden.
Es bleibt zu hoffen, dass mit dem gewachsenen ökologischen Bewusstsein der Bevölkerung sowie in Politik und Wirtschaft, der vordergründige und dominierende, häufig zerstörende Nutzungsanspruch an die Landschaft überwunden wird. Die Zukunft muss durch eine stärker ökologisch ausgerichtete Wertschöpfung mit klaren ästhetischen Zielen für das Landschaftsbild gestaltet werden.
Abbildungen und Tabellen
- Abb. 1: Hierarchie der angewandten Landschaftsgliederung, innere Merkmale (SCHULZKE 1998, EU-Projekt)
Figur 5: Hierarchy of the applied landscape structure (SCHULZKE 1998, EU project) - Tab. 1 a-d: Merkmale der Landschaftseinheiten, (SCHULZKE 1998, EU-Projekt)
Table 1 a-d: Features of landscape units, (SCHULZKE 1998, EU project) - Tab. 2: Liste der Naturräume
Table 2: List Naturims - Tab. 3 a-c: Bewertungsmatrix für Naturräume, (SCHULZKE 1998, EU-Projekt)
Table 3 a-c: Evaluation matrix for natural landscapes, (SCHULZKE 1998, EU project) - Tab. 4 a - c: Nutzungsorientierte Charakterisierung von Naturräumen – Makrochoren
(Beispiele), (SCHULZKE 1998, EU-Projekt)
Tables 4 a - c: Utilization-oriented characterization of natural landscapes (examples), (SCHULZKE 1998, EU project) - Tab. 5: Abwägungsmatrix für Nutzungseinschränkungen, (SCHULZKE 1998, EU-Projekt)
Table 5: Decision matrix for utilization limitations, (SCHULZKE 1998, EU project) - Tab. 6: Landschaftsbeschreibungen (Auszug)
Literatur:
- BORCH,W Freiherr von, 1824: Die Ästhetik im Walde, Sylvan-Jahrbuch der Forstmänner, Heidelberg/Leipzig
- EU-FORSCHUNGSPROJEKT AIR3 CT94-1296. SCHULZKE u.a.: Regional guidelines to support sustainable landuse by Progammes (AEP). Teilprojekt Brandenburg 2, Agrarökologische Gebietsgliederung (ungekürzt beim Autor einzusehen).
- JOACHIM, H. F. u.a.1988: Flurholzanbau. Landwirtschaftsaustellung der DDR, Markkleeberg
- JOACHIM,H.F, 1989: Vorbereitung, Anlage, Bewirtschaftung von Schutzpflanzungen. Agra Buch 2. Auflage, Landwirtschaftsausstellung der DDR, Markkleeberg.
- JOACHIM,H.F.; SCHRÖDL, 1998: Hinweise zur Biotop- und Landschaftspflege DLV, 17268 Beutel
- MILNIK,A. 1997,2004: Hugo CONVENTZ: Klassiker des Naturschutzes. „Sein Waldweg zum Naturschutz“. Verlag Kessel Remagen – Oberwinter. 3. Auflage 2004
- GWIAZDOWICZ, D.J.: 2010: Ästhetik des Waldes nach der Auffassung von H.v.Salisch (Zusammenfassung). Vortrag auf dem Internationalen Symposium in Goluchow am 17.- 18 Juni 2010
- SALISCH, H.v. 1911: Forstästhetik. (Monographie). Neuauflagen der dritten, vermehrten Auflage von 1911. ehemals Springer-Verlag Berlin. Verlag Kessel Remagen – Oberwinter (2009)
- STÖLB,W. 2005: Waldästhetik. (Monographie). Über Forstwirtschaft, Naturschutz und die Menschenseele. Verlag Kessel Remagen – Oberwinter.
- SCHULZKE, D. 1988a: Eine ökologisch begründete territoriale Gebietsgliederung der DDR für die Wintergetreideproduktion. In Archiv f. Acker-Pflanzenbau u. Bodenkunde, Berlin, H. 12
- SCHULZKE, D. 1988b: Ein Ertragsbildungsmodell für Winterroggen, Wintergerste und Winterweizen auf der Grundlage komplexer Maßzahlen. In Archivf. Acker-Pflanzenbau u. Bodenkunde, Berlin, H. 12
- SCHULZKE, D. 2000: Empfehlungen für die Landschaftsentwicklungsplanung in Brandenburg an einer agrarökologischen Gebietsgliederung. Ergebnisse aus einem EU-Forschungsprojekt. In: Beiträge für die Forstwirtschaft und Landschaftsökologie, H. 1.
- SCHULZKE,D. 2004: Ertragsbildungs- und Optimierungssystem EBOS. www.ebos.de
- SCHULZKE,D. 2010: Landwirtschaft im Klimawandel. Landwirtschaft im Klimawandel
- WISNIEWSKI,J.,2010: Heinrich v. Salisch (1846-1920) – Gutsbesitzer, Forstmann, Politiker, Wohltäter (Zusammenfassung). Vortrag auf dem internationalem Symposium in Goluchow am 17.-18.Juni 2010
- WISNIEWSKI.J.,2007: Heinrich v. Salisch. In: Archiv für Forstwesen und Landschaftsökologie 41 (2007) 2
- WISNIEWSKI.J. GWIAZDOWICZ.J. (2007): Naturschutz in den Wäldern Polens. In: Archiv für Forstwesen und Landschaftsökologie. 41(2007) 2